Mit dem Rad von Kap Arkona nach Glowe – Ein Tag zwischen Klippen, Dörfern und Stränden
Morgendunst am Kap
Der Morgen am Kap Arkona hat eine eigene Stille. Noch bevor die ersten Besucher den Weg zu den beiden Leuchttürmen hinaufsteigen, höre ich nur das ferne Rauschen der Ostsee, das an diesem windstillen Tag eher ein leises Atmen ist. Über den steilen Kreideklippen liegt ein feiner Dunst, der das Licht milchig macht. Ich stehe neben meinem Rad, schaue hinaus aufs offene Meer und atme tief ein. Der Geruch ist salzig, aber mild – wie eine sanfte Begrüßung.
Diese Etappe meiner Fahrradtour Rügen wird mich heute vom nördlichsten Punkt der Insel, über ein winziges Fischerdorf, entlang weiter Sandstrände, bis in den Badeort Glowe führen. Ich habe Zeit, und Zeit ist das Kostbarste auf einer Reise.
Der Weg hinunter nach Vitt
Vom Kap führt ein schmaler Weg Richtung Westen, dann hinab nach Süden. Nur wenige Minuten später liegt es vor mir: Vitt – ein Runddorf mit reetgedeckten Häusern, das wie aus einer anderen Zeit wirkt. Hier leben nur wenige Menschen dauerhaft, und doch ist es bekannt weit über Rügen hinaus.
Ich lehne mein Rad an einen Zaun und spaziere hinunter zum kleinen Hafen. Fischerboote liegen im seichten Wasser, Möwen kreisen über den Netzen. Im Dorf selbst sind die Häuser so dicht beieinander gebaut, dass die schmalen Gassen wie geschützte Durchgänge wirken.
Im 13. Jahrhundert soll Vitt erstmals erwähnt worden sein, lange bevor der Tourismus die Insel entdeckte. Heute steht das ganze Dorf unter Denkmalschutz. Ich setze mich an einen Holztisch, bestelle frischen Fisch – Bückling, noch warm aus dem Rauch – und beobachte, wie das Licht sich ändert. Das Meer glitzert jetzt heller, die Sonne hat den Dunst fast aufgelöst.
Kap Arkona Fischerdorf Vitt Besuch – wer hierher kommt, sollte Zeit für diesen Ort einplanen. Nicht nur wegen der Aussicht, sondern wegen der Ruhe, die in den kleinen Details liegt: im Knarren der Holzbohlen, im Wind, der über die Reetdächer streicht.
Über Juliusruh zur Schaabe
Wieder auf dem Rad folgt die Straße der Küstenlinie. Die Landschaft öffnet sich, Felder wechseln sich mit Baumreihen ab, und nach einer knappen Stunde taucht Juliusruh auf.
Juliusruh ist ein kleiner Badeort mit einer langen, geraden Promenade. Hier beginnt die Schaabe, eine der beeindruckendsten Nehrungen der Ostsee: ein neun Kilometer langer, schmaler Streifen aus feinem Sand, der die Halbinseln Wittow und Jasmund verbindet. Links das Meer, rechts der Große Jasmunder Bodden – ein schmaler Waldstreifen trennt die beiden Gewässer.
Der Radweg führt parallel zum Strand, und immer wieder gibt es Zugänge, die direkt ans Wasser führen. Ich kann nicht widerstehen, halte an, ziehe die Schuhe aus und laufe barfuß über den Sand.
Wissensabschnitt – Die Schaabe und ihre Natur
Die Schaabe ist nicht nur ein beliebter Badeort, sondern auch ein bedeutendes Stück Natur. Sie entstand vor etwa 4.500 Jahren durch Meeresströmungen, die Sand und Kies ablagerten. Heute ist sie ein wichtiger Lebensraum für Seevögel und seltene Pflanzen. Der Kiefernwald, der den Strand säumt, wurde im 19. Jahrhundert angepflanzt, um die Dünen vor Erosion zu schützen.
Der Sandstrand Rügen Schaabe Glowe gilt als einer der längsten und feinsten der Insel. Im Sommer kann es hier belebt sein, aber jetzt, außerhalb der Hauptsaison, ist der Strand fast leer. Ich höre nur das rhythmische Schlagen der Wellen und das leise Knistern der trockenen Kiefernnadeln im Wind.
Ankunft in Glowe
Je weiter ich fahre, desto näher rückt Glowe. Schon von Weitem sehe ich den kleinen Hafen und die Seebrücke, die wie ein Steg in die Weite der Ostsee reicht. Glowe selbst ist ein Ort, der zwischen Ferienwohnungen, Cafés und alter Fischereitradition lebt.
Ich setze mich auf eine Bank am Hafen, esse ein Brötchen mit frisch geräuchertem Aal und sehe den Fischern zu, die ihre Netze ordnen. Die Sonne steht jetzt tief, färbt das Wasser golden. Hinter mir liegt ein Tag voller Bilder: das Kap im Morgenlicht, die engen Gassen von Vitt, die weite Schaabe, der endlose Sand.
Ein Tag wie ein Kapitel
Diese Fahrradtour Kap Arkona nach Glowe ist kein Rennen und kein Pflichtprogramm. Sie ist ein stiller Faden, der Orte und Landschaften verbindet. Man kann sie in einem Tag fahren, aber besser ist es, sich treiben zu lassen, anzuhalten, wo der Blick hängenbleibt.
Ich weiß, dass ich mich an diesen Tag erinnern werde – nicht nur wegen der Schönheit der Orte, sondern wegen der Ruhe, die hier alles umgibt.