Von Göhren nach Baabe – Zwischen Bodden, Meer und Hügeln

Morgenlicht über dem Mönchgut

Der Tag beginnt in Göhren mit einem sanften, salzigen Hauch, der vom Meer herüberzieht. Der Himmel ist noch blass, als hätte er sich gerade erst aus dem Schlaf gelöst. Vor mir liegt die Göhren–Baabe Fahrradtour, ein Abschnitt meiner Fahrradtour Rügen, der mich nicht nur an Stränden entlangführen wird, sondern auch tief hinein ins Herz des Mönchguts – in eine Landschaft aus sanften Hügeln, windschiefen Bäumen, kleinen Häfen und uralten Pfaden.

Göhren selbst wirkt am frühen Morgen noch verschlafen. Der weiße Strand ist fast leer, nur das Murmeln der Wellen und das ferne Kreischen einer Möwe begleiten mein Aufbrechen. Der Weg, der heute vor mir liegt, ist überschaubar in Kilometern, doch groß in Eindrücken. Es sind nicht nur die Orte – Lobbe, Thiessow, die Zicker Berge, der Hafen von Gager, das schmale Land von Alt Reddevitz und schließlich das Baaber Bollwerk –, sondern auch die vielen kleinen Bilder dazwischen, die diese Etappe besonders machen.

Unterwegs: Von Göhren nach Lobbe

Kaum habe ich Göhren verlassen, ändert sich die Stimmung der Landschaft. Die Küste öffnet sich, der Radweg führt vorbei an weiten Wiesen, auf denen das Gras im Wind tanzt. Der Geruch von Tang und Salzwasser vermischt sich mit dem Duft frischer Erde.

Lobbe taucht plötzlich auf wie ein Gemälde: ein kleines Fischerdorf mit bunten Booten, die am Strand liegen, und ein paar niedrigen Häusern, deren Reetdächer sich in die Landschaft schmiegen. Hier scheint die Zeit langsamer zu vergehen. Fischer richten Netze, während Möwen im Kreis darüber fliegen. Ich halte kurz an, lehne das Rad gegen einen alten Zaun und sehe hinaus aufs Wasser.

Thiessow – Wo das Land auf zwei Meere trifft

Hinter Lobbe zieht sich der Radweg hinaus in eine schmale Landzunge. Das Meer ist nun auf beiden Seiten zu sehen, und der Wind wechselt spielerisch seine Richtung. Thiessow liegt an der äußersten Spitze des Mönchguts, und schon von weitem sehe ich den kleinen Hafen. Boote schaukeln dort sanft, als warteten sie auf den nächsten Ausflug.

Am Hafen riecht es nach geräuchertem Fisch, der in einer kleinen Bude frisch verkauft wird. Ich höre das Klappern von Masten im Wind und sehe, wie Segel gefaltet werden. Von hier aus führen Wege in alle Richtungen – zum Strand, zur Steilküste oder hinaus zu den Wiesen, auf denen im Frühling unzählige Vögel rasten.

Die Zicker Berge – Das Herz des Mönchguts

Von Thiessow führt der Weg ins Landesinnere, und plötzlich erhebt sich die Landschaft. Die Zicker Berge sind keine Berge im alpinen Sinn, doch sie sind das höchste, was das Mönchgut zu bieten hat. Zwischen den sanften, grasbewachsenen Hügeln windet sich der Radweg, und immer wieder öffnet sich der Blick auf den Bodden oder das Meer.

An einem Aussichtspunkt steige ich ab, setze mich ins Gras und lasse den Blick schweifen. Unter mir liegen kleine Buchten, dazwischen Weiden, auf denen Schafe grasen. Die Stille hier ist anders – dichter, voller. Nur der Wind und das ferne Rufen eines Raubvogels durchbrechen sie.

Gager Hafen – Zwischen Fischerbooten und Boddenruhe

Die Abfahrt nach Gager ist schnell, der Weg schlängelt sich hinab zum Wasser. Der kleine Hafen wirkt, als hätte er schon immer hier gestanden – ein stiller Ort, an dem Boote im Bodden schaukeln und das Leben im eigenen Rhythmus fließt.

Ich laufe am Kai entlang, sehe Netze, Anker, leere Muschelschalen. Ein älterer Fischer erzählt mir, dass Gager einst ein wichtiges Dorf für die Fischerei war, heute aber auch Segler und Ausflügler anzieht. Ich könnte bleiben, aber der Weg ruft weiter.

Alt Reddevitz – Das schmale Band ins Wasser

Von Gager aus biegt der Weg ab auf eine Landzunge, so schmal, dass man links den Bodden und rechts das Meer sieht. Alt Reddevitz liegt am Ende dieses schmalen Bandes, ein stilles Dorf mit wenigen Häusern.

Die Natur hier ist besonders sensibel – Teile der Umgebung stehen unter Schutz, denn auf den trockenen Magerrasen wachsen seltene Pflanzen, und viele Vogelarten nutzen die Region als Rastplatz. Ich fahre langsam, fast ehrfürchtig, bis der Weg mich wieder zurückführt.

Baaber Bollwerk – Ankommen am Wasser

Der letzte Abschnitt führt mich nach Baabe, genauer gesagt zum Baaber Bollwerk. Hier endet meine heutige Etappe am Bodden. Am kleinen Anleger liegen Boote vertäut, das Wasser glitzert im Nachmittagssonnenlicht. Kinder füttern Enten, und von einer Bank aus sehe ich, wie sich die Sonne senkt.

Baabe Urlaub – das klingt nach Strandtagen und ruhigen Abenden am Wasser. Für mich bedeutet es heute: Ankommen, das Rad abstellen, den Tag Revue passieren lassen.

Eine kurze Strecke, ein weiter Blick

Die Etappe von Göhren nach Baabe mag auf der Karte kurz wirken, doch sie ist reich an Landschaft, Geschichte und Augenblicken, die bleiben. Von den stillen Gassen in Lobbe über den offenen Horizont bei Thiessow bis zu den weichen Hügeln der Zicker Berge – dieser Abschnitt ist eine kleine Reise in sich.

Und am Ende, am Baaber Bollwerk, weiß ich: Manchmal liegt die größte Weite in den kleinsten Wegen.