Von Glowe nach Sassnitz – Eine Fahrradtour durch den Nationalpark Jasmund

Morgengrauen in Glowe

Der Morgen in Glowe ist still, nur das leise Rollen der Wellen auf dem feinen Sand begleitet mich, während ich das Rad aus dem kleinen Hof schiebe. Die salzige Luft riecht nach Seegras und Sommer, selbst wenn der Himmel noch ein fahles Blau trägt. Hinter mir dehnt sich die Schaabe, diese schmale Landzunge, die Glowe mit Juliusruh verbindet – vor mir liegt ein Tag, der mich entlang der Ostseeküste, durch Wälder und über steile Kreideklippen führen wird. Mein Ziel: Sassnitz, mit seinem Hafen, den Ausflugsschiffen und dem Geruch von frischem Fisch.

Ich habe mir diese Fahrradtour auf Rügen nicht nur wegen der Bewegung ausgesucht. Es ist die Mischung aus Natur, Geschichte und der Ruhe, die man zwischen zwei kleinen Orten finden kann. Und heute führt mich die Route nicht nur am Meer entlang, sondern auch mitten durch den Nationalpark Jasmund – ein Gebiet, das seit 2011 zum UNESCO-Weltnaturerbe „Alte Buchenwälder“ gehört.

Von Glowe nach Lohme – Küstenblicke und stille Dörfer

Der erste Abschnitt meiner Glowe–Sassnitz-Fahrradtour ist sanft. Die Straßen schlängeln sich zwischen Feldern und kleinen Kiefernwäldchen, das Meer bleibt meist nur als Schimmer zwischen den Bäumen sichtbar. Hinter Neddesitz beginnt das Land langsam zu steigen. Die Luft wird klarer, frischer, und irgendwo in der Ferne höre ich Möwen rufen.

Lohme erreiche ich am späten Vormittag. Das Dorf klebt wie ein Vogelhorst an der Steilküste, und von der Aussichtspromenade bietet sich ein weiter Blick, der an klaren Tagen bis nach Kap Arkona reicht – dieser Lohme-Aussicht-Kap-Arkona-Blick ist einer der schönsten Panoramen auf Rügen. Unten am kleinen Hafen schaukeln Boote im Takt der Wellen. Ich lehne mein Rad an ein Geländer und lasse den Blick schweifen, bis die Linien von Himmel und Meer in einem unscharfen Blau verschwimmen.

Durch den Nationalpark Jasmund – Alte Buchen und weiße Klippen

Von Lohme aus führt der Weg in den Nationalpark Jasmund. Die Straße wird schmaler, die Bäume dichter. Die Buchen hier gehören zu den ältesten Deutschlands – bis zu 700 Jahre alt – und bilden ein grünes Dach, das das Sonnenlicht in weiche, tanzende Muster auf den Boden wirft.

Der Königsstuhl, das bekannteste Wahrzeichen des Parks, erhebt sich 118 Meter über der Ostsee. Ein kurzer Abstecher zum Besucherzentrum lohnt sich, nicht nur wegen der Aussichtsplattform, sondern auch wegen der Ausstellung, die die Entstehung der Kreidefelsen erklärt. Kreide – geformt vor etwa 70 Millionen Jahren – ist hier nicht nur Geologie, sondern Teil der Landschaft, der in jedem Licht anders wirkt: blendend weiß im Sonnenschein, fast silbrig bei Nebel.

Die Route durch den Park ist nicht nur etwas für geübte Radler. Viele Abschnitte eignen sich auch für eine Familienradtour Rügen Nationalpark Jasmund: kurze Rundwege, Rastplätze und Informationstafeln machen es leicht, Natur und Geschichte gemeinsam zu entdecken.

Natur, Geschichte und Schutz

Der Nationalpark Jasmund ist mit nur 30 Quadratkilometern der kleinste Nationalpark Deutschlands. Er schützt nicht nur die Kreideküste, sondern auch ausgedehnte Buchenwälder, Moore und Wiesen. Seit 2011 gehören die „Alten Buchenwälder“ hier zum UNESCO-Weltnaturerbe – zusammen mit weiteren Wäldern in Deutschland und Europa.

Die Steilküste verändert sich ständig: Wind, Regen und die Kraft der Ostsee lassen jährlich Teile der Klippen abbrechen. Deshalb ist es wichtig, nur auf markierten Wegen zu bleiben – ein Schutz, der auch die seltenen Pflanzenarten wie Orchideen und die Vogelwelt bewahrt.

Lohme hat eine besondere Geschichte: Nach der Sturmflut 1954 wurde der alte Hafen zerstört, der neue liegt nun geschützt unterhalb der Steilküste. Von hier aus führt der Blick weit hinaus über die Ostsee – an klaren Tagen eben bis zum entfernten Kap Arkona.

Von den Klippen nach Sassnitz – Endspurt ans Meer

Hinter dem Königsstuhl geht es bergab. Der Wald lichtet sich, und bald liegt Sassnitz vor mir – weiß leuchtend im Nachmittagslicht. Der Weg führt vorbei am Fischereihafen. Der Geruch von geräuchertem Fisch hängt in der Luft, Stimmen hallen von den Kaianlagen wider. Ausflugsschiffe liegen bereit, um Besucher zu den Kreidefelsen zu bringen – vom Wasser aus wirken sie noch mächtiger.

Für viele ist Sassnitz der Ausgangspunkt für den Sassnitz-Urlaub: von hier aus lassen sich die Kreideküste, das Meer und das Hinterland gleichermaßen erkunden. Für mich ist es heute das Ziel einer Etappe, die mich durch stille Dörfer, uralte Wälder und über schwindelerregende Aussichten geführt hat.

Eine Etappe wie ein Panorama

Die Fahrt von Glowe nach Sassnitz ist mehr als nur ein Stück Weg. Es ist ein Wechselspiel von Küstenlicht und Waldschatten, von Weite und Enge, von Geschichte und Gegenwart.

Wer die Fahrradtour Rügen in diesem Abschnitt unternimmt, wird mehr finden als nur eine sportliche Herausforderung: Er findet Geschichten in den Orten, Ruhe in den Wäldern und Weite über der See. Und am Ende wartet Sassnitz – mit seinem Hafen, dem Geruch von Salz und Fisch, und dem Gefühl, ein Stück Insel wirklich erfahren zu haben.